VERHALTENSKOMPASS
ÜBER DIE WUT

Wut = Ohnmacht
Wut als Gefühl gibt es nicht. Die Emotion, die dahinter steckt, ist Ohnmacht. Das Ohnmachtsgefühl von Kindern treffen wir in Schulzimmern sehr häufig an. Wenn wir die Hintergründe dafür kennen und das Verhalten verstehen, gelingt es uns besser, das Kind gezielt zu unterstützen. Eine Unterstützung können wir bieten, in dem wir zusammen mit dem Kind Strategien finden. Dies kann beispielsweise in Form eines Coachings/ Gesprächs geschehen.
Gehirn &
Emotionsregulation
Wut darf sein.
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Es gibt Kinder, die sich täglich schnell angegriffen fühlen und in Stress geraten. Hier ist es als Lehrperson wichtig zu wissen, dass die Rezeptoren im Gehirn, bei denen das Cortisol als Hormon andocken sollte, resistent werden und eine normale Stressregulation nicht funktioniert. Die hohe Alarmbereitschaft und die gesteigerte Stressreaktion sind tägliche Begleiter dieser Kinder (vgl. del Monte, 2023).
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Wir können den Kindern helfen, die Bewältigungsfähigkeit zu verbessern und ein effektiver Umgang mit Stress zu finden, sodass sich der Körper schneller beruhigen kann. Wichtig ist für uns Lehrpersonen in solchen Situationen Ruhe und Klarheit auszustrahlen.
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Unsicher gebunden
Unsicher gebundene Kinder zeigen ebenfalls vermehrt Aggressionen und destruktives Verhalten. Hier braucht es nebst dem Strategie-Aufbau zur Wut vor allem eine starke, vertrauenvolle Beziehung sowie Halt/Sicherheit durch Rituale und Regeln.
Praxis:
Trigger beobachten
Hinter Wut steckt oft ein Bedürfnis
Bei manchen Kindern gibt es bestimmte Auslöser (Trigger), die Wutanfälle hervorrufen. Wird ein Kind scheinbar grundlos wütend und richtet seine Aggression gegen „die Kleinen“, kann eine Aggressionsverschiebung die Ursache sein. Häufig steckt jedoch ein unerfülltes Bedürfnis dahinter – etwa nach Erfolg, Autonomie, Freundschaft oder Bindung.
Deshalb ist es wichtig, nicht nur Strategien zur Emotionsregulation zu vermitteln, sondern auch gezielt auf diese Bedürfnisse einzugehen: Welches Bedürfnis könnte das Kind haben?
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Beispiel: Bedürfnis nach Autonomie unterstützen
Autonomie lässt sich durch Wahlmöglichkeiten und kleine Entscheidungsspielräume im Schulalltag fördern:
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„Entweder-oder“-Sätze
„Möchtest du jetzt lesen oder rechnen?“
„Du kannst entweder auf der Bank oder auf dem Teppich sitzen.“ -
„Zuerst-dann“-Sätze
„Zuerst machst du XY, dann darfst du dir etwas aussuchen.“ -
Wöchentliche Projektarbeiten, auch klassenübergreifend, geben Kindern Raum für Selbstbestimmung und Verantwortung.
Praxis:
Bilderbücher
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Altersgerechte Geschichten
Als Einstieg zum Umgang mit Wut eignen sich Bildergeschichten.
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Lehrmittel "Lubo aus dem All" enthält eine Wut-Geschichte: Es geht um einen Jungen, der Fussball spielt, heftig anfängt zu streiten und den Ball an ein Fenster kickt, welches zerbricht (siehe Anime rechts). 3.-6. Klasse
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Dagmar Geisler - Wohin mit meiner Wut? KG-3.Klasse
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Robert Starling - Kleiner Drache, grosse Wut: Ein Drache, der immer wütender wird und am Schluss für sich eine Strategie zur Kontrolle der Wut findet. KG-2.Klasse
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Anime-Geschichte aus Lubo aus dem All

Sich austauschen in der Klasse
Sammlung von Ideen
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Was können wir tun, wenn wir wütend sind?
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Was tun wir nicht und es folgt eine Konsequenz?
Bilder von wütenden Kindern & Strategien der Kinder
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Praxis:
Selbstinstruktion
Regulation verbalisieren
Bei der Selbstinstruktion demonstriert die Lehrperson die Tätigkeit und begleitet sie sprachlich. Die Schüler lernen so am Modell der Lehrperson, wie sie Emotionen gut regulieren können. Dies dürfen Sie immer vormachen, wenn Sie selbst im Unterricht wütend werden.
Praxis:
Strategien bei Ohnmacht
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Strategien zur Selbstregulation – wenn Wut aufkommt
Wenn Kinder wütend werden, helfen konkrete Handlungsstrategien, um die Situation zu entschärfen und Selbstregulation zu fördern. Wichtig ist: Das Kind sollte regelmässig an die Strategie erinnert werden – besonders in vorhersehbaren Situationen, wie etwa beim Verlieren im Turnen.
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Hier einige bewährte Möglichkeiten:
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Das Schulzimmer kurz verlassen und sich bewegen
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Einen Sandball gezielt an eine bestimmte Wand werfen
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Tief ein- und ausatmen
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Sich an einen ruhigen Ort zurückziehen und später wiederkommen
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In einem ruhigen Raum mit klarem Ziel weiterarbeiten
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An ein beruhigendes inneres Bild denken (z. B. „Das Cello auf dem Rücken“ – Idee von einem Kind)
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Musik mit Kopfhörern hören (1–2 stimmungsaufhellende Lieder)
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In ein Kissen schreien oder boxen
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Etwas Wasser trinken
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Allein sein und sich zurückziehen dürfen
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Sich bewusst ablenken, z. B. zu Freunden gehen oder etwas zeichnen
Strategien müssen gegebenenfalls angepasst und neu besprochen werden – besonders, wenn sie nicht mehr greifen.
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Anerkennung zeigen
Hält sich das Kind an eine vereinbarte Strategie, ist es wichtig, dies wertzuschätzen und positiv rückzumelden. So werden Selbstwirksamkeit und Motivation nachhaltig gestärkt.

Ideen eines Kindes
David hat dich geschlagen und du hast nicht zurückgeschlagen. Schau wie gut du deine Wut kontrolliert hast! Was hat dir geholfen?
🟡 Was nehmen Sie mit?
Notieren Sie 2–3 Impulse oder Ideen, die Sie direkt im Schulalltag umsetzen möchten.